Am 16. Oktober entschied das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig in mehreren Verhandlungen über die Klagen von insgesamt acht Unternehmen. Diese hatten gegen die Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt) im Umweltbundesamt auf Mehrzuteilung von Emissionsberechtigungen geklagt. Die Klagen der Unternehmen waren im Wesentlichen erfolglos. Um die Gesamtzuteilungsmenge von jährlich 495 Millionen Tonnen Kohlendioxid nicht zu überschreiten, hatte die DEHSt die Zuteilung an Bestandsanlagen nach den Vorschriften des Zuteilungsgesetzes 2007 (ZuG 2007) anteilig gekürzt – zu Recht, wie das Gericht urteilte. Dagegen fallen Bestandsanlagen, deren Betreiber die Option einer Zuteilung nach den Regeln für Neuanlagen gewählt haben, nicht unter die anteilige Kürzung. In einem weiteren Urteil entschied das Gericht, dass Kohlendioxid (CO2)-Emissionen, die beim Brennen keramischer Erzeugnisse aus den organischen Bestandteilen von Ton und aus Porosierungsmitteln entstehen, nicht als prozessbedingt anerkannt werden und daher keine bevorzugte Zuteilung erhalten. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte damit die Urteile der Vorinstanz - dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg.
Zwei Energieversorger klagten erfolglos gegen die Anwendung der anteiligen Kürzung, die die DEHSt zur Einhaltung des CO2-Emissionsbudgets vornahm. In der Revision entschied das Bundesverwaltungsgericht, dass die anteilige Kürzung mit dem europäischen Gemeinschaftsrecht und dem Verfassungsrecht vereinbar ist. Das Gericht sah es als rechtmäßig an, dass die DEHSt innerhalb des gesetzlichen kurzen Zeitraums vor Beginn der Zuteilungsperiode die anteilige Kürzung auf Grundlage der zu diesem Zeitpunkt zuzuteilenden Berechtigungen berechnete. Eine Berechnung der Kürzung nach rechtlicher Prüfung der einzelnen Zuteilungsbescheide, die nach Ausschöpfung aller Rechtsmittel erst nach Ende der Zuteilungsperiode abgeschlossen wäre, sieht das Gesetz nicht vor. Selbst wenn es im Einzelfall falsche Zuteilungsbescheide gab, führen diese nicht dazu, dass die ermittelte Zuteilungsmenge und die daraus berechnete Kürzung rechtswidrig ist.
Zwei Kraftwerksbetreiber sowie ein Unternehmen der Glas- und eines der Zementindustrie waren mit ihren Klagen gegen die anteilige Kürzung dagegen erfolgreich. Sie hatten die so genannte Optionsregel des Zuteilungsgesetzes 2007 in Anspruch genommen. Nach dieser Regel können Unternehmen ihre Zuteilungen an Bestandsanlagen auch nach den deutlich strengeren Kriterien der Neuanlagen beantragen. Nachdem die Kläger in der ersten Instanz unterlagen, bekamen sie in der zweiten Instanz vom Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg Recht. Die DEHSt wurde damals zur Zuteilung ohne anteilige Kürzung verurteilt. Das Bundesverwaltungsgericht gab den Unternehmen nun ebenfalls Recht: Die anteilige Kürzung zur Budgetsicherung ist nicht auf Zuteilungen an Optionsanlagen gemäß § 7 Abs. 12 ZuG 2007 anwendbar.
In einer weiteren Klage beantragten zwei Ziegelwerke, die keramische Erzeugnisse herstellen, ebenfalls eine Mehrzuteilung von Emissionsberechtigungen nach dem Zuteilungsgesetz 2007. Sie waren der Ansicht, dass in der Ziegelherstellung CO2-Emissionen aus dem fossilen organischen Kohlenstoff im Ton und aus Porosierungsmitteln so genannte prozessbedingte Emissionen sind. Prozessbedingte Emissionen zeichnen sich dadurch aus, dass sie sich im Produktionsverfahren durch Effizienzmaßnahmen nur begrenzt vermindern lassen. Das ZuG 2007 definiert prozessbedingte Emissionen als „Produkt einer chemischen Reaktion, die keine Verbrennung ist“. Das Gericht folgte der Argumentation der Betreiber der Ziegelwerke nicht . Es entschied, dass die Freisetzung von CO2 aus dem Kohlenstoff im Ton und aus den Porosierungsmitteln keine prozessbedingte Emission ist, weil laut dem zu Grunde liegenden naturwissenschaftlichen Begriff der Verbrennung der Produktionsprozess in Zielgelwerken ein Verbrennungsprozess ist.
Das Bundesverwaltungsgericht ist das oberste Verwaltungsgericht in Deutschland.
Glossar
Anteilige Kürzung: Kürzung der Zuteilung durch die DEHSt (nach § 4 Abs. 4 ZuG 2007), um das CO2-Emissionsbudget einzuhalten
Bestandsanlagen: Anlagen, die bereits vor der 1. Zuteilungsperiode in Betrieb waren
Neuanlagen: Anlagen, die während der 1. Zuteilungsperiode in Betrieb gegangen sind
Optionsregel/„Optierer“: Optierer haben von der gesetzlichen Möglichkeit Gebrauch gemacht, ihre Zuteilungen nach den deutlich strengeren Kriterien der Neuanlagen zu beantragen.
Porosierungsmittel: brennbare Stoffe, wie Sägespäne oder Polystyrolkügelchen, die bei der Ziegelherstellung zugegeben werden; beim Brennvorgang entsteht Gas, das kleine Poren hinterlässt und dadurch die Dämmeigenschaften der Ziegel verbessert.
Prozessbedingte Emissionen: Freisetzung von CO2 in die Atmosphäre als unmittelbares Produkt einer chemischen Reaktion, die keine Verbrennung ist (präzisierte Definition auf Basis EU Monitoring Guidelines vom 24.11.2003). In der Zuteilungsperiode 2005 bis 2007 erfolgte eine Sonderbehandlung entsprechend der EU Richtlinie, nach der eine Berücksichtigung dieser Emissionen möglich ist.