Ein weiterer Streitpunkt um die Zuteilung der kostenlosen Emissionsberechtigungen für das Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) in der ersten Handelsperiode ist geklärt: Das Verwaltungsgericht Berlin hat am 17. November 2006 in mehreren Musterverfahren entschieden, dass der Ausstoß von Kohlendioxid aus Verbrennungsprozessen der keramischen Industrie nicht als prozessbedingte Emissionen anerkannt wird. Prof. Dr. Andreas Troge, Präsident des Umweltbundesamtes (UBA): „Damit bestätigt das Gericht erneut die Verwaltungspraxis der Deutschen Emissionshandelsstelle (DEHSt) im Umweltbundesamt.“
Wie gesetzlich ausdrücklich festgelegt, begünstigt die DEHSt im Zuteilungsverfahren für kostenlose Emissionsberechtigungen nur dann Emissionen als „prozessbedingt“, wenn sie aus anderen chemischen Reaktionen als aus einer Verbrennung entstehen. Prozessbedingte Emissionen lassen sich im Produktionsverfahren durch Effizienzmaßnahmen nur begrenzt vermindern. Diese Emissionen erhalten deshalb keine Reduktionsverpflichtung. Gegen diese Zuteilungspraxis der DEHSt sind 55 Klagen anhängig. Das Verwaltungsgericht Berlin verhandelte 23 davon als Musterverfahren und wies diese nun ab. Die Kläger sind Betreiber von Anlagen zur Herstellung keramischer Produkte, die nachträglich eine höhere Zuteilung von Emissionsberechtigungen für die Jahre 2005 bis 2007 erreichen wollten. Deshalb forderten sie bei der DEHSt als besondere Regelung für ihre Branche eine Anerkennung von Emissionen aus dem Einsatz von so genannten Porosierungsmitteln und dem im Ton enthaltenen organischen Kohlenstoff als prozessbedingte Emissionen. Beide Bestandteile verbrennen im Herstellungsprozess der keramischen Produkte zu Kohlendioxid. Hans-Jürgen Nantke, Leiter der DEHSt: „Es muss uns darum gehen, dass der Emissionshandel ein handhabbares und wirksames Instrument zum Klimaschutz in Europa wird, eine Vielzahl von Sonderregelungen ist kontraproduktiv.“
Die so genannten Porosierungsmittel sind brennbare Stoffe, wie Sägespäne oder Polystyrolkügelchen, die bei der Ziegelherstellung zugegeben werden. Beim Brennvorgang entsteht Gas, das kleine Poren hinterlässt und dadurch die Dämmeigenschaften der Ziegel verbessert. Stuft man die Kohlendioxidemissionen aus Porosierungsmitteln und den organischen, brennbaren Bestandteilen des Tons als „energiebedingt“ ein, wie es die DEHSt getan hat und wie es das Gericht nun bestätigte, dann darf die DEHSt diese Emissionen zudem einer weiteren Minderungsverpflichtung unterwerfen.
Die Urteilsbegründung liegt noch nicht vor. Es ist davon auszugehen, dass das Verwaltungsgericht die Berufung zulassen wird.
Der EU-Emissionshandel startete im Jahr 2005. Die DEHSt teilte Ende 2004 Emissionsberechtigungen an rund 1.850 Betreiber von Anlagen in Deutschland zu. Mit der Zuteilung für die gesamte Handelsperiode 2005 bis 2007 und der Einführung eines marktwirtschaftlichen Umweltinstruments sind zahlreiche Rechtsfragen verbunden, die jetzt gerichtlich geklärt werden. Besondere Rechtsfragen entstanden bereits bei der unterschiedlichen Behandlung von industriellen und energiewirtschaftlichen Prozessen. Denn technische Minderungspotentiale sind vor allem bei Verbrennungsprozessen in der Energieumwandlung vorhanden und weniger bei der Herstellung industrieller Produkte. Daher bestehen im Emissionshandel für energiebedingte - nicht aber für prozessbedingte Emissionen - Reduzierungsverpflichtungen.