Die MVO wurde im Oktober 2023 mit einer ersten Änderungsverordnung novelliert. Schwerpunkte der ersten Novellierung waren vor allem die Regelungen zum Europäischen Emissionshandel für Gebäude, Straßenverkehr und weitere Sektoren (EU-ETS 2) und zur Überwachung und Berichterstattung von Emissionen aus Anlagen zur Verbrennung von Siedlungsabfall.
Am 27.09.2024 wurde die zweite Änderungsverordnung (EU 2024/2493) zur MVO im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. In dieser Änderungsverordnung liegt der Schwerpunkt auf den Stoffströmen mit abzugsfähigen Anteilen (nachhaltige Brenn-, Heiz- und Kraftstoffe). Außerdem werden grundlegende Änderungen zur Weiterleitung von CO2 und zu Carbon Capture and Utilization (CCU) im Sinne von dauerhaft in einem Produkt chemisch gebundenen Emissionen vorgenommen.
Am 04.10.2024 ist die Delegierte Verordnung 2024/2620 im Hinblick auf die Voraussetzungen dafür, dass Treibhausgase als dauerhaft in einem Produkt chemisch gebunden angesehen werden, im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden.
Beide Verordnungen traten 20 Tage nach Veröffentlichung im Amtsblatt in Kraft.
In der Gesamtschau von erster und zweiter Änderungsverordnung enthält die MVO nun zahlreiche neue Regelungen, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten erstmals anzuwenden sind:
- Änderungen bei Regelungen zu abzugsfähigen Anteilen (Biomasse, erneuerbare Brennstoffe nicht biogenen Ursprungs (RFNBO), wiederverwertete kohlenstoffhaltige Brennstoffe (RCF), neu: synthetische kohlenstoffarme Brennstoffe (SLCF)) finden rückwirkend ab 01.01.2024 Anwendung
- Änderungen bei Regelungen zum EU-ETS 2 finden rückwirkend ab 01.07.2024 Anwendung
- Änderungen mit Wirkung zum 01.01.2025 umfassen folgende Themen:
- Weiterleitung von CO2
- CCU im Sinne von dauerhaft in einem Produkt chemisch gebundene Emissionen
- Änderungen zum Anhang IV (tätigkeitsspezifische Überwachung und Berichterstattung bei stationären Anlagen)
- Überwachung zu nicht CO2-Effekten im Luftverkehr (hierfür wird ein eigener Newsletter versendet)
Entsprechende Prüfanforderungen für Prüfstellen werden ergänzend in die EU-Akkreditierungs- und Verifizierungsverordnung (EU 2028/2067) übertragen.
a) Emissionsüberwachung und -berichterstattung über Stoffströme mit abzugsfähigen („zero-rated“) Anteilen (RFNBO, RCF, SLCF)
In Artikel 3 MVO wurden Begriffsdefinitionen zu abzugsfähigen Anteilen in Stoffströmen ergänzt und die Anforderungen an die Überwachung und Nachweisführung für diese abzugsfähigen Anteile an die Anforderungen für nachhaltige Biomasse angeglichen.
Für gasförmige RFNBO im Leitungsnetz gilt Artikel 39a Absatz 5 MVO. Damit sind Regelungen zur bilanziellen Anerkennung wie für Biomethan aus dem Erdgasnetz geschaffen worden.
Die EU-Kommission hat noch kein Zertifizierungssystem für RFNBO, RCF oder SLCF anerkannt. Daher gibt es auch in Deutschland noch keine anerkannten Zertifizierungsstellen für RFNBO, RCF oder SLCF. Die nationale Nachweisdatenbank nach 37. BImSchV (THG-Quote), die in Zukunft Nachweise für RFNBO und RCF als Kraftstoff auf Basis nicht biogenen Ursprungs ausstellen soll, befindet sich im Aufbau. Damit Nachweise in dieser Datenbank auch für den Emissionshandel erstellt werden können, müsste sie nach einer noch zu erlassenden gesetzlichen Regelung für Brenn- und Heizstoffe erweitert werden. Die auf EU-Ebene geplante Unionsdatenbank (UDB) ist derzeit ebenfalls noch nicht verfügbar.
Hinzu kommt, dass die erforderliche Nachweisführung für die Anerkennung von RFNBO, RCFs oder SLCFs im Emissionshandel noch in der nationalen Emissionshandelsverordnung (EHV) geregelt werden muss. Wir erwarten, dass diese Stoffe im Jahr 2024, wenn überhaupt, nur in wenigen Anlagen eingesetzt worden sind. Betroffene Anlagenbetreiber können sich bei Zweifelsfragen an uns wenden. Relevanz hat dies derzeit vor allem für den Luftverkehr. Hierzu werden wir einen separaten Newsletter veröffentlichen.
b) Biomethan aus dem Ausland
Biomethan aus dem Ausland muss wie inländisches Biomethan bei energetischer Nutzung die Kriterien der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie (RED-Kriterien) erfüllen (siehe auch Kapitel 8.5.2. in unserem Leitfaden). Ein gültiger Nachhaltigkeitsnachweis nach § 3 Absatz 1 EHV 2030 aus der Datenbank Nabisy muss daher auch für importiertes Biomethan vorgelegt werden. Wurde für nachhaltiges Biomethan im Ausland eine Förderung in Anspruch genommen, darf die zusätzliche Inanspruchnahme der Förderung von Biomasse im Emissionshandel (Emissionsfaktor Null) nicht zu einer unzulässigen Doppelförderung derselben Menge führen. Die EU-Kommission hat dazu nun im Zuge der jüngsten Novellierung der MVO klargestellt, dass die Förderung nachhaltiger Biomasse im Emissionshandel keine finanzielle Förderung im Sinne der RED darstellt. Eine vorherige finanzielle Förderung von Biomethan im Ausland steht nun der anschließenden Anerkennung in der Berichterstattung im Emissionshandel nicht mehr entgegen.
c) Weiterleitung von CO2, CCU im Sinne von dauerhaft in einem Produkt chemisch gebundenen Emissionen und Änderungen in Anhang IV MVO
Wegen der Änderung der Definition von „Emission“ in der Emissionshandelsrichtlinie wurden Artikel 49 und Artikel 49a MVO angepasst. Damit darf abgeschiedenes und aus einer EU-ETS-1-Anlage weitergeleitetes CO2 (neben CCS) nur dann von den Emissionen der Anlage abgezogen werden, wenn die Anforderungen aus der Delegierten Verordnung 2024/2620 über „Produkte, in denen CO2 als dauerhaft chemisch gebunden angesehen wird“ erfüllt sind. Die Überwachung des abzugsfähigen, weitergeleiteten CO2 erfordert einen Massenbilanzansatz über den gesamten CCU-Prozess (ohne Transport).
Die EU-Kommission hat im Anhang der Verordnung bislang nur mineralische Karbonate aufgenommen, die in bestimmten Bauprodukten verwendet werden. Die geringe Anzahl an anerkennungsfähigen Produkten ergibt sich daraus, dass bei verschiedenen Nutzungs-/End-of-Life-Pfaden eines Produktes alle Pfade für die Frage der dauerhaften Einbindung berücksichtigt werden müssen. Führt nur einer der Pfade dazu, dass das CO2 nicht dauerhaft eingebunden wird, ist das Produkt derzeit nicht förderfähig und damit das weitergeleitete CO2 nicht abzugsfähig. In diesem Zuge wurde die Weiterleitung von CO2 zur Herstellung von PCC (englisch: precipitated calcium carbonate, deutsch: gefälltes Calciumkarbonat) in Artikel 49 MVO gestrichen. Diese Weiterleitungen sind ab dem 01.01.2025 nicht mehr abzugsfähig.
Im Zusammenhang mit dem delegierten Rechtsakt zu CCU wurden auch die tätigkeitsspezifischen Regelungen in Anhang IV Abschnitt 10 (Herstellung von Kalk oder Brennen von Dolomit oder Magnesit), Abschnitt 17 (Herstellung von Ammoniak) und Abschnitt 20 (Herstellung von Soda und Natriumhydrogencarbonat) der MVO angepasst:
- Bei Ammoniakanlagen (Anhang IV Abschnitt 17 MVO) darf zukünftig CO2 abgezogen werden, wenn diese CO2-Menge in einem Produkt gebunden wird, das im Anhang der oben genannten Delegierten Verordnung gelistet ist.
- Bei Kalkanlagen (Anhang IV Abschnitt 10 MVO) ist die Bindung von CO2 bei der Nutzung für Reinigungszwecke (Zuckeranlagen) nur dann abzugsfähig, wenn diese CO2-Menge in einem Produkt gebunden wird, das im Anhang der oben genannten Delegierten Verordnung gelistet ist.
- Bei Soda-/Natriumhydrogencarbonatanlagen (Anhang IV Abschnitt 20 MVO) ist auch die im Soda eingebundene CO2-Menge sowie die im Natriumhydrogencarbonat eingebundene CO2-Menge als ermittelt zu betrachten. Hierfür müssen künftig von den Soda-/Natriumhydrogencarbonatanlagen Emissionsberechtigungen abgegeben werden. Die in den Produkten Soda und Natriumhydrogencarbonat gebundene CO2-Menge darf nicht mehr von den Emissionen der Soda-/Natriumhydrogencarbonatanlagen abgezogen werden. Eine Ausnahme besteht, wenn die CO2-Menge in einem Produkt gebunden wird, das im Anhang der oben genannten Delegierten Verordnung gelistet ist.
Da damit die aus dem Einsatz von PCC, Soda und Natriumhydrogencarbonat entstehenden CO2-Emissionen bereits bei der herstellenden emissionshandelspflichtigen Anlage als emittiert erfasst werden, müssen in gleicher Weise emissionshandelspflichtige Anlagen, die PCC, Soda oder Natriumhydrogencarbonat von einer anderen emissionshandelspflichtigen Anlage beziehen und einsetzen, zukünftig für diese keine Emissionsberechtigungen mehr abgeben (zum Beispiel Einsatz von Soda in der Glasindustrie oder Einsatz von Natriumhydrogencarbonat in der Abgasreinigung).
In Folge der oben beschriebenen Neuregelungen zu Weiterleitung von CO2 und CCU müssen für zahlreiche Anlagen die Überwachungspläne aktualisiert und bis Ende 2024 bei der DEHSt zur Genehmigung eingereicht werden. Zur Abbildung der angepassten Regelungen in der FMS-Anwendung „Überwachungsplan 2021-2030 (4. Handelsperiode)“ werden wir in Kürze mittels FAQ informieren. Diese wird auf unserer Website veröffentlicht. Wählen Sie hierzu bitte die Filteroptionen „Stationäre Anlagen“ und „Monitoring“.