Europäischer Emissionshandel: Berichtspflicht von Anlagen zur Verbrennung von Siedlungsabfall im EU-ETS 1 ab 01.01.2024
21.12.2023
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Ausgabe 39
Liebe Leser*innen,
ab dem 01.01.2024 sind bestimmte Abfallverbrennungsanlagen sowohl im Europäischen Emissionshandel (EU-ETS) als auch im nationalen Emissionshandel (nEHS) von Pflichten betroffen.
Nach Inkrafttreten der Novelle der EU-Emissionshandelsrichtlinie (EU-EHRL) am 05.06.2023 (EU Amtsblatt L 130 vom 16.5.2023, Seite 134) müssen die Betreiber von Anlagen zur Verbrennung von Siedlungsabfällen mit einer Feuerungswärmeleistung größer 20 Megawatt ihre Emissionen überwachen und darüber Bericht erstatten. Eine Pflicht zur Abgabe von EU-Emissionsberechtigungen besteht hingegen nicht. Für die Verbrennung von gefährlichen Abfällen bleibt die Bereichsausnahme bestehen. Das heißt, Anlagen zur Verbrennung von gefährlichen Abfällen sind nicht von der reinen Berichtspflicht des EU-ETS ab 01.01.2024 erfasst. Deutschland ist verpflichtet, diese zwingenden Berichtspflichten der EU-EHRL im Rahmen der anstehenden Novelle des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes (TEHG) umzusetzen.
Daneben müssen Unternehmen für Anlagen, die nach Nummer 8.1.1 oder 8.1.2 mit dem Hauptbrennstoff Altöl nach Anlage 1 der 4. BImSchV genehmigungsbedürftig sind und die nicht bereits vollumfänglich der Berichts- und Abgabepflicht im EU-ETS unterliegen, die Emissionen aus den eingesetzten Abfallbrennstoffen im nEHS berichten und dafür Emissionszertifikate abgeben.
Mit diesem Newsletter geben wir erste Antworten auf die folgenden Fragestellungen zur reinen Berichtspflicht von Abfallverbrennungsanlagen im EU-ETS:
Welche Anlagen sind von der reinen Berichtspflicht im EU-ETS ab 01.01.2024 betroffen?
Wie ist die Datenerfassung von Anlagen mit reiner Berichtspflicht im EU-ETS geplant?
Welche Anforderungen werden an die Überwachung der Emissionen von Anlagen mit reiner Berichtspflicht im EU-ETS ab 01.01.2024 gestellt?
1. Welche Anlagen sind von der reinen Berichtspflicht im EU-ETS ab 01.01.2024 betroffen?
Schritt A: Identifikation von potentiell berichtspflichtigen Anlagenteilen zur Verbrennung von Siedlungsabfall
Die Grundgesamtheit der potentiell in Betracht kommenden Anlagenteile mit Berichtspflicht im EU-ETS sind diejenigen, die nach Nummer 5.2 des Anhang 1 der Industrieemissionsrichtlinie (IED-Richtlinie, 2010/75/EU) genehmigt sind. In Deutschland sind damit potentiell folgende Anlagen betroffen:
Anlagen nach Ordnungsnummer 8.1.1.3 Anhang 1 der 4. BImSchV (Verbrennung nicht gefährlicher Abfälle mit einer Kapazität von über 3 Tonnen pro Stunde) und
Anlagen nach Ordnungsnummer 8.1.1.1 Anhang 1 der 4. BImSchV (Verbrennung gefährlicher Abfälle mit einer Kapazität von über 10 Tonnen pro Tag).
Von dieser Grundgesamtheit werden diejenigen Anlagenteile abgegrenzt, bei denen davon ausgegangen werden kann, dass sie überwiegend gefährliche Abfälle einsetzen. Für diese Abgrenzung wird ein Kriterium aus den Genehmigungsunterlagen der Anlage herangezogen. Ist dort festgelegt, dass eine Mindesttemperatur der Verbrennungsgase von 1.100 Grad Celsius für eine Verweilzeit von mindestens zwei Sekunden eingehalten werden muss, ist der Anlagenteil ab 01.01.2024 nicht von der Berichtspflicht im EU-ETS betroffen.
Betreiber von Anlagenteilen, die nach diesem Schritt weiterhin potentiell von der Berichtspflicht im EU-ETS erfasst sind, können der Deutschen Emissionshandelsstelle (DEHSt) einen individuellen Nachweis vorlegen, dass im betreffenden Anlagenteil überwiegend gefährliche Abfälle eingesetzt werden. Wird der Nachweis erbracht, ist der Anlagenteil beziehungsweise die Anlage nicht von der Berichtspflicht im EU-ETS betroffen.
Schritt B: Prüfung der Schwelle der Feuerungswärmeleistung von 20 Megawatt und Information der Anlagenbetreiber durch die DEHSt
Überschreiten die in Schritt A identifizierten Anlagenteile zur Verbrennung von Siedlungsabfällen mit potentieller Berichtspflicht kumuliert die Feuerungswärmeleistung (FWL) von 20 Megawatt, werden sonstige konventionelle Verbrennungseinheiten, die von der Bundes-Immissionsschutzgesetz-Genehmigung (BImSchG-Genehmigung) erfasst sind, in die Berichtspflicht des EU-ETS ab 01.01.2024 einbezogen. Dies jedoch nur, wenn die konventionellen Verbrennungseinheiten nicht bereits vollumfänglich am EU-ETS teilnehmen. Beträgt die FWL der Anlagenteile zur Verbrennung von Siedlungsabfällen innerhalb einer BImSchG-Genehmigung kumuliert höchstens 20 Megawatt, werden konventionelle Verbrennungseinheiten nicht einbezogen und die Anlage ist somit nicht von der Berichtspflicht des EU-ETS erfasst.
Die DEHSt wird die Betreiber von Anlagen, die mit dem hier beschriebenen Verfahren als berichtspflichtig im EU-ETS identifiziert wurden, informieren.
Schritt C: Festlegung der Berichtspflicht mittels Genehmigung des EU-ETS Überwachungsplans für Abfallverbrennungsanlagen
Die Berichtspflicht von Abfallverbrennungsanlagen im EU-ETS wird im Rahmen der Genehmigung des EU-ETS-Überwachungsplans für Abfallverbrennungsanlagen festgelegt, der bei der DEHSt im Jahr 2024 einzureichen ist. Die Erteilung einer Emissionsgenehmigung durch die Landesbehörden ist nicht vorgesehen.
Nach Artikel 12 EU Monitoring-Verordnung (MVO) sind Überwachungspläne für die Emissionsermittlung und Berichterstattung der Anlagen bei der zuständigen Behörde einzureichen und zu genehmigen. Dazu müssen jedoch noch die nationalen Rechtsgrundlagen in Kraft treten. Die entsprechende Formular-Management-System-Anwendung (FMS-Anwendung) wird daher erst nach Inkrafttreten der TEHG-Novelle an die Änderungen der Emissionshandelsrichtlinie angepasst. Erst wenn das angepasste FMS zur Verfügung steht, sind die Betreiber in der Lage und auch verpflichtet, entsprechende Überwachungspläne einzureichen.
Die Frist zur Einreichung des EU-ETS-Überwachungsplans für Abfallverbrennungsanlagen kündigen wir 2024 wieder in einem Newsletter an.
Zur Datenerfassung für den EU-ETS-Überwachungsplan für Abfallverbrennungsanlagen siehe Erläuterungen zu Frage 2.
2. Wie ist die Datenerfassung von Anlagen mit reiner Berichtspflicht im EU-ETS geplant?
Es ist geplant, die Datenerfassung für Anlagen, die sowohl von der Berichts- und Abgabepflicht im nEHS als auch von der Berichtspflicht im EU-ETS erfasst sind, auf der vorhandenen Datenstruktur für den nEHS aufzubauen. Daher wird für Abfallverbrennungsanlagen mit Berichtspflicht im EU-ETS eine FMS-Anwendung sowohl für die Überwachungspläne als auch für die Emissionsberichte zur Verfügung gestellt, die an die Datenstruktur des nEHS anknüpfen wird. Auf diese Weise wird vermieden, dass bereits übermittelte Daten erneut in die FMS-Anwendung eingegeben werden müssen.
Über die Details zur Datenerfassung und die Produktivsetzung der FMS-Anwendung für EU-ETS-Überwachungspläne für Abfallverbrennungsanlagen mit Berichtspflicht im EU-ETS werden wir rechtzeitig vor Fristende zur Einreichung des Überwachungsplans informieren. Sie brauchen daher jetzt noch keinen Überwachungsplan einreichen (siehe auch Erläuterungen zu Frage 1). Zu einem späteren Zeitpunkt folgen dann die Details zur Datenerfassung und zur Produktivsetzung der FMS-Anwendung für EU-ETS-Emissionsberichte für Abfallverbrennungsanlagen mit Berichtspflicht im EU-ETS.
3. Welche Anforderungen werden an die Überwachung der Emissionen von Anlagen mit reiner Berichtspflicht im EU-ETS ab 01.01.2024 gestellt?
Die Anforderungen der EU-Monitoring-Verordnung (MVO) bei der Überwachung von Emissionen aus der Verbrennung von Siedlungsabfall im EU-ETS unterscheiden sich von den Anforderungen an die Überwachung der Emissionen aus den Abfallverbrennungsanlagen im nEHS nach Emissionsberichterstattungsverordnung 2030 (EBeV 2030). Dennoch sind die Überwachungsmethoden im nEHS (EBeV 2030) auf die Systematik der Überwachungsmethoden im EU-ETS (MVO) übertragbar (zum Beispiel Standardwerte Anlage 2 Teil 5 EBeV 2030 und nationale Standardwerte im EU-ETS (DEHSt-Liste)).
Die DEHSt wird die für den nEHS angewendeten Methoden den Methoden und Ebenen der MVO für den EU-ETS zuordnen (siehe Tabelle 1) und Abweichungen von den geforderten Ebenen der MVO ohne individuellen Nachweis der Unverhältnismäßigkeit des Betreibers genehmigen, wenn die Methode auch für den entsprechenden Brennstoff im nEHS genehmigungsfähig ist. Die differenzierten Standardwerte und Festwerte im nEHS sind für Abfallverbrennungsanlagen, die keine individuellen Methoden im nEHS nutzen, als die besten verfügbaren Daten zu betrachten. Sofern jedoch nationale Standardwerte im EU-ETS zur Verfügung stehen, müssen diese für die Berechnung der berichtspflichtigen Emissionen auch verwendet werden.
Zusätzlich berichtspflichtige Emissionen im EU-ETS wie diejenigen aus der Zünd- und Stützfeuerung oder aus der Abgasreinigung sind vergleichsweise gering und können in der Regel ebenfalls unter Verwendung von Standardwerten berichtet werden. Für die Berechnung dieser berichtspflichtigen Emissionen müssen die Werte aus dem EU-ETS herangezogen werden.
Tabelle 1: Überwachungsmethoden nEHS und Zuordnung zur Ebene* gemäß MVO für die Berichtspflicht von Anlagen zur Verbrennung von Siedlungsabfall im EU-ETS ab dem 01.01.2024
Parameter
Methode im nEHS
Ebene im EU-ETS 1
* Ebene bei Anwendung der Standardmethodik für Emissionen aus der Verbrennung entsprechend Anhang II Abschnitt 1 MVO (Einsatzmenge) und Anhang II Abschnitt 2 MVO (Stoffparameter)
Einsatzmenge Abfallbrennstoff
(Berechnungsansatz)
Geeichte/konformitätsbewertete/kalibrierte Messgeräte mit wiederkehrender Qualitätskontrolle
Wir sind montags bis freitags von 10 bis 15 Uhr telefonisch erreichbar. Gern können Sie uns Ihre Anfragen auch per E-Mail an E-Mail: emissionshandel@dehst.de schicken.
Umweltbundesamt
Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt)
City Campus
Haus 3, Eingang 3A
Buchholzweg 8
13627 Berlin