EU-Emissionshandel verstehen

Letzte Aktualisierung 22.02.2024

Der Europäische Emissionshandel 1 (EU-ETS 1) reduziert auf marktwirtschaftlicher Basis den Ausstoß klimaschädlicher Gase in Europa.

Quelle: frentusha_istock

Durch politisch festgelegte Höchstgrenzen erhalten Treibhausgas-Emissionen einen Preis, der sich am Markt bildet. Der Emissionshandel setzt so Impulse für Investitionen in klimaschonende Technologien.

Erklärfilm zum Europäischen Emissionshandel

Unser Erklärfilm zeigt die Funktionsweise des Emissionshandels und greift insbesondere seine Ausprägung im Europäischen Emissionshandelssystem 1 (EU-ETS 1) auf (Stand 2020).

Emissionshandel – Volkswirtschaft und Klimaschutz

Unser Erklärfilm zeigt die Funktionsweise des Europischen Emissionshandels.

Quelle: Produktion: joernbarkemeyer.de

Text zum Film

Emissionshandel und Klimaschutz

Das Europäische Emissionshandelssystem 1 (EU-ETS 1) wurde in Europa aufgrund des internationalen Klimaschutzabkommens von Kyoto eingeführt. In Kyoto vereinbarten 1997 die teilnehmenden Vertragsstaaten erstmals international verbindliche Stabilisierungs- und Reduktionsziele für die Treibhausgasemissionen der Industrienationen.

Im Dezember 2015 wurde bei der UN-Klimakonferenz in Paris das sognannte Klimaschutzabkommen von Paris beschlossen, in dem sich die beteiligten Staaten darauf einigten, weitere Maßnahmen zu ergreifen, um die Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad Celsius zu begrenzen.

Angestoßen durch den europäischen Green Deal von 2019 haben die EU-Staaten 2021 mit dem Klimaschutzpaket „Fit for 55“ zugestimmt, die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber 1990 zu senken und bis 2050 treibhausgasneutral zu werden. Mit Bezug auf den Anwendungsbereich des EU-ETS 1 bedeutet das eine Reduktion von 62 Prozent gegenüber 2005. Die Änderungen im EU-ETS 1 umfassen des Weiteren eine schnellere Absenkung der jährlichen Obergrenze der Emissionen (Cap) um 4,3 Prozent jährlich, und ab 2028 um 4,4 Prozent, statt bisher 2,2 Prozent sowie Änderungen bezüglich der Marktstabilitätsreserve, um Überschüsse zu begrenzen. Darüber hinaus wurde im Rahmen des „Fit for 55“ Pakets das europäische Grenzausgleichssystem (CBAM) eingeführt.

Weitere Maßnahmen sind

  • die Einbeziehung des Seeverkehrs in den EU-ETS 1 ab 2024,
  • die Anpassung des Anwendungsbereichs für den Luftverkehr im EU-ETS 1 und
  • die Einbeziehung der Sektoren Gebäude, Verkehr und zusätzliche Sektoren in den Emissionshandel (EU-ETS 2)

Ausführliche Informationen rund um die Reformierung des Europäischen Emissionshandels finden Sie in der Linkliste unten.

Der EU-ETS 1 ist auch ein wichtiges Finanzierungsinstrument für Investitionen im Bereich Klimaschutz. Die Erlöse werden vollständig in eine aktive wirtschaftliche und gesellschaftliche Flankierung der Transformation zur Klimaneutralität verwendet. In Deutschland fließen die Erlöse in den Klimatransformationsfonds (KTF), der unter anderem Klimaschutzprojekte, den Ausbau erneuerbarer Energien und die Dekarbonisierung der Industrie fördert.

Wie funktioniert der Emissionshandel?

Ein Beispiel:

  • Der Emissionshandel funktioniert nach dem Prinzip "Cap and Trade". Mit der staatlich festgelegten Obergrenze (Cap) wird entschieden, wie viel CO2-Äquivalente von den regulierten Unternehmen insgesamt höchstens emittiert werden dürfen. Ein klimapolitisch anspruchsvolles Cap sorgt dafür, dass CO2 ein knappes Gut wird und sich durch den Handel (Trade) am Markt ein Preis für CO2 bildet, der den Unternehmen einen Anreiz setzt, in mehr Klimaschutz zu investieren. Denn wenn es kostengünstiger ist, eine Tonne CO2-Äq zu vermeiden, als eine Berechtigung zu kaufen, lohnt es sich, technische Maßnahmen zur Emissionsreduzierung vorzunehmen.

    Im Gegensatz zu starren Gesetzesvorgaben, die zu unterschiedlich hohen Kosten für die betroffenen Unternehmen führen, bietet ein marktbasiertes Instrument wie der Emissionshandel Unternehmen Spielraum für eigene Entscheidungen. Sie können selbst entscheiden, ob sie Emissionen reduzieren oder Berechtigungen zukaufen. Hieraus entstehen auch volkswirtschaftliche Vorteile, weil die Vermeidung von Emissionen vorwiegend von denjenigen Unternehmen umgesetzt wird, welche die geringsten Vermeidungskosten aufweisen.

    Aus klimapolitischer Sicht ist ein weiterer Vorteil des Emissionshandels, dass die maximale Emissionsmenge, die zu einem bestimmten Zeitpunkt nur noch emittiert werden darf, festgeschrieben wird (Cap), das dann nicht überschritten werden kann. Zusammenfassend zeichnet sich der Emissionshandel damit im Wesentlichen dadurch aus, dass er gesetzte Umweltziele sicher und zu den volkswirtschaftlich günstigsten Kosten erreichen kann. Außerdem erzeugen die Einnahmen aus dem Emissionshandel erhebliche finanzielle Spielräume zur aktiven wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Flankierung der Transformation zur Klimaneutralität. Allerdings haben andere Instrumente, wie Ordnungsrecht oder Förderpolitiken, wiederum eigene Vorteile. In der Praxis kommt daher ein Instrumentenmix zum Einsatz.

  • Alle Unternehmen, die am Emissionshandel teilnehmen, müssen für jede emittierte Tonne CO2-Äq eine Berechtigung abgeben. Die Ausgabe von handelbaren Berechtigungen kann entweder in Form einer kostenlosen Zuteilung oder aber durch Auktionierung auf dem Primärmarkt (Verkauf oder Versteigerung) erfolgen. Die Auktionierung von Berechtigungen ist grundsätzlich zu bevorzugen, da auf diese Weise dem Verursacherprinzip Rechnung getragen wird und der Staat Einnahmen erzielt, die für Klimaschutzmaßnahmen verwendet werden können. Einem Teil der Unternehmen wird eine begrenzte Anzahl Berechtigungen und entsprechend der europaweiten festgelegten Zuteilungsregeln kostenlos zur Verfügung gestellt. Im Zuge des „Fit for 55“ Pakets bleibt die kostenlose Zuteilung für die energieintensive Industrie grundsätzlich bestehen, wird aber nunmehr zu einem Teil (20 Prozent) an die Einhaltung von Bedingungen geknüpft. Zudem wird sie schrittweise für diejenigen Branchen reduziert, die vom Grenzausgleichsmechanismus CBAM erfasst sind (für Details siehe Abschnitt „Reform und Perspektiven“). Luftfahrzeugbetreiber erhalten bereits ab 2026 keine kostenlose Zuteilung mehr. Dies gilt ebenfalls für den Seeverkehr ab 2026 und für den EU-ETS 2 ab dem Start im Jahr 2027.

    Unternehmen, die keine kostenlosen Berechtigungen erhalten oder bei denen die Zuteilung nicht ausreicht, müssen Berechtigungen in den (nahezu) täglich stattfindenden Auktionen ersteigern oder von anderen Marktteilnehmern auf dem Sekundärmarkt kaufen. Wenn sie zu viele Berechtigungen besitzen und/oder durch Emissionsminderungsmaßnahmen einsparen, können sie diese verkaufen. Daher stammt die Bezeichnung Emissionshandel. Genau genommen werden also nicht Emissionen, sondern Berechtigungen gehandelt, um die entsprechende Menge an Treibhausgasen ausstoßen zu dürfen. Weitere Informationen finden Sie im Link unter Zuteilung.

  • Am Vollzug des Europäischen Emissionshandels sind neben der Europäischen Kommission in Deutschland auch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), die DEHSt und die Bundesländer beteiligt. Dabei betreibt die Europäische Kommission das Unionsregister und sie prüft und genehmigt die Höhe der kostenlosen Zuteilungen für die Unternehmen in Mitgliedstaaten. Die Ausgabe der Berechtigungen auf die Konten der Akteure erfolgt durch die DEHSt.

    Als national zuständige Behörde sind wir darüber hinaus für die Überwachung des Emissionshandels mit allen Regeln und Pflichten für die Anlagen- und Luftfahrzeugbetreiber, Schifffahrtsunternehmen, Verantwortliche im Rahmen des EU-ETS 2 sowie die Steuerung der deutschen Versteigerungen im EU-ETS 1 und vielem mehr verantwortlich. Jährlich im ersten Quartal erhalten wir die Emissionsberichte der Unternehmen, welche wir anschließend überprüfen. Wir unterstehen der Rechts- und Fachaufsicht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK).

    Alle Buchungen der Berechtigungen, die ausschließlich virtuell existieren, finden im Unionsregister statt. Hier haben alle teilnehmenden Akteure ein Konto, auf dem sie ihre Berechtigungen halten und Transaktionen wie Ausgaben, Käufe, Verkäufe, Löschungen und Abgaben von Berechtigungen für die verursachten Emissionen vornehmen können. Mehr Informationen zum Unionsregister finden Sie im Link unten.

    Für den EU-ETS 1 gilt: Jeweils bis Ende März ermitteln Betreiber von stationären Anlangen und Luftfahrzeugen sowie Schifffahrtsunternehmen ihre Treibhausgasemissionen im zurückliegenden Jahr (Verantwortliche im EU-ETS 2 bis 30.04.). Die Daten werden zunächst von national akkreditierten Prüfstellen (zum Beispiel TÜV und andere große Prüforganisationen) geprüft und erst dann an das Unionsregister weitergeleitet. Spätestens bis Ende September müssen die Betreiber und Schifffahrtsunternehmen im entsprechenden Umfang Berechtigungen im Unionsregister abgeben (Verantwortliche im EU-ETS 2 bis 31.05.).

    Werden nicht ausreichend Berechtigungen abgegeben, drohen empfindliche Sanktionen: Je Tonne CO2-Äq, für die keine Berechtigung abgegeben wird, müssen 100 Euro (zzgl. dem Anstieg des Europäischen Verbraucherpreisindex für das Berichtsjahr gegenüber dem Bezugsjahr 2012) gezahlt werden. Für das Berichtsjahr 2022 beträgt die Höhe der Zahlungspflicht bereits rund 121 Euro. Daher achten die Betreiber und Schifffahrtsunternehmen darauf, dass sie spätestens zu den oben genannten Stichtagen ausreichend Berechtigungen besitzen und anschließend abgeben. Fehlen ihnen Berechtigungen, können sie diese vorher beispielsweise an den Energiebörsen in Leipzig (EEX) oder Amsterdam (ICE Endex) erwerben. Weitere Informationen hierzu finden Sie auf unserer Website Sanktionen (Link unten).

  • Der Handel mit europäischen Berechtigungen (EUA, aEUA bzw.EUAA) erfolgt vorwiegend an den Handelsplätzen in Amsterdam (ICE Endex) und Leipzig (EEX). Außerdem gibt es einen relevanten außerbörslichen Handel. Die Auktionen also die Versteigerungen von europäischen Berechtigungen (EUA, aEUA beziehungsweise EUAA) finden derzeit ausschließlich an der EEX statt.

    Es werden nahezu täglich Auktionen durchgeführt. Durch diese Regelmäßigkeit wird erreicht, dass sich die Versteigerungen nahtlos in das Marktgeschehen einfügen. Daher entsprechen die bei den Auktionen erzielten Preise dem Niveau der Preise im fortlaufenden Börsenhandel (Sekundärmarkt).

    Alle Auktionsergebnisse werden innerhalb von wenigen Minuten online veröffentlicht. Dies dient einer möglichst hohen Markttransparenz. Das gesamte Marktgeschehen zu den Berechtigungen beschreiben wir regelmäßig in den monatlichen Auktionierungsberichten.

  • Die von der DEHSt veröffentlichten Auktionierungsberichte befassen sich dabei nicht nur mit den Auktionen, sondern auch mit dem volumenmäßig weitaus größeren fortlaufenden Handel an den Börsen. Bezogen auf den relevanten Gesamtmarkt für Berechtigungen waren 2023 rund sechs Prozent des gehandelten Volumens auf die Auktionen zurückzuführen.

    Die Annahme einer novellierten Emissionshandelsrichtlinie im Jahr 2018, die Einführung der Marktstabilitätsreserve im Jahr 2019 und die Erwartung ambitionierterer Caps in der Zukunft durch Umsetzung des „Europäischen Green Deals“ haben zu einem Aufwärtstrend bei den EUA-Preisen geführt, die Anfang 2023 neue Höchststände erreichten. Bis Anfang 2024 erfolgte jedoch eine Korrekturbewegung nach unten.

    Übersicht über Preisverlauf und Überschüsse von Berechtigungen:

  • Ein großer Teil der Erlöse aus den Versteigerungen im EU-ETS 1 wird gezielt zur Förderung der Dekarbonisierung in der Industrie und im Energiesektor eingesetzt

    • 100 Prozent der nationalen Auktionserlöse müssen von den Mitgliedstaaten für den Klimaschutz verwendet werden. In Deutschland fließen die Erlöse sogar zu 100 Prozent in den Energie- und Klimafonds (EKF), der ein breites Spektrum an Maßnahmen im Klimaschutz sowie der Energieeffizienz und der erneuerbaren Energien finanziert.
    • Weiterhin wurden zwei europäische Fonds zur Förderung emissionsarmer innovativer Technologien (Innovationsfonds) und zur Modernisierung des Energiesektors (Modernisierungsfonds) eingerichtet. Während der Innovationsfonds neuartige Vorhaben im Energiesektor und der Industrie in allen Mitgliedstaaten fördert, soll der Modernisierungsfonds gezielt ärmeren Mitgliedstaaten bei der Dekarbonisierung ihrer Energiesysteme helfen.

    Die Einnahmen aus den Versteigerungen im EU-ETS 2 werden unter anderem über den Klima- und Sozialfonds der EU verwendet.

Wer nimmt am Emissionshandel teil?

Der Europäische Emissionshandel (EU-ETS 1 und ab 2027 auch EU-ETS 2) wird in allen 27 EU-Mitgliedstaaten umgesetzt. Außerdem haben sich Norwegen, Island und Liechtenstein dem EU-ETS 1 angeschlossen. Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland (im Folgenden Großbritannien) nimmt – mit Ausnahme von wenigen Anlagen in Nordirland – seit Anfang 2021 nicht mehr am EU-ETS 1 teil, sondern hat ein eigenes Emissionshandelssystem eingeführt. Der EU-ETS 1 ist mit dem Emissionshandelssystem in der Schweiz verknüpft.

Nachfolgend finden Sie einen kurzen Überblick über die am EU-ETS 1 teilnehmenden Sektoren.

Übersicht: Stationäre Energie- und Industrieanlagen

Übersicht: Luftverkehr

Übersicht: Seeverkehr

Kennzahlen

Europa

Deutschland

Emissionen EU
Emissionen Deutschland
Alle im EU-ETS 1 erfassten Anlagen emittierten rund 1,09 Milliarden Tonnen CO2-Äq im Jahr 2023.Die 1.725 deutschen stationären Anlagen emittierten rund 289 Millionen Tonnen CO2-Äq im Jahr 2023.
Emissionsminderungen EU-weit
Emissionsminderungen in Deutschland
Die Emissionen der EU-ETS-1-Anlagen sanken von 2005 bis 2023 um rund 48 Prozent.Die Emissionen deutscher Anlagen im EU-ETS 1 sanken von 2005 bis 2023 um rund 44 Prozent.
Emissionen im Luftverkehr EU-weit
Emissionen im Luftverkehr in Deutschland
Die Emissionen im innereuropäischen Luftverkehr stiegen 2023 um 8 Prozent auf knapp 52 Millionen Tonnen CO2-Äq.2023 emittierten die 71 von Deutschland verwalteten Luftfahrzeugbetreiber 7,6 Millionen Tonnen CO2-Äq.
Emissionen
Der EU-ETS 1 erfasst etwa 40 Prozent der gesamten Treibhausgas-Emissionen in der EU.
Fabrik
9.000 stationäre Anlagen wie Kraftwerke, Raffinerien und Stahlwerke sind in den EU-ETS 1 eingebunden.
Karte
Im Jahr 2023 nahmen außer den 27 Mitgliedstaaten auch Norwegen, Island und Liechtenstein am EU-ETS 1 teil.